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Warum war die Weihnachtszeit für unsere Vorfahren etwas besonderes?



Gedanken zur Weihnachtszeit

Wenn zur Weihnachtszeit unsere Gedanken weit zurückgehen bis in die Tage vor Beginn unserer Zeitrechnung, so fragen wir uns: Welche Stimmung mag wohl die Menschen vor Tausenden von Jahren hier und in den nordischen Regionen überkommen haben, wenn der Lauf der Sonne sich zum Horizont hin merklich senkte, wenn die Natur sich den Menschen noch einmal zum Abschied in bunter Pracht und Schönheit zeigte, bevor Nebel sie umhüllten, Kälte sie erstarren ließ, Eis und Schnee, gleichsam wie im Todesschlaf, sie überdeckte und die Tage immer kürzer, die dunklen Abende immer länger wurden?

Bequemlichkeiten, wie wir sie heute als etwas Selbstverständliches ansehen, kannten sie nicht.  Kein elektrisches Licht, kein Gas, keine Heizung, wie wir sie kennen, kein Wasserhahn und kein Auto erleichterten ihr Leben.  So waren die Tage der längsten Schatten harte Zeiten der Entbehrung und voller Todesgefahren.  Es war eine Zeit, die ganze Menschen forderte.  Mutlos aber waren unsere Ahnen keineswegs, denn ihr Sinnen um das Sein, ihr Forschen nach dem göttlichen Sinn ihres Lebens ließ sie die unwandelbaren Gesetze des Weltalls, den Rhythmus des Jahres in der Natur, erkennen.  Sie mußten kämpfen, ihr Leben zu erhalten, erleichtere zu bestehen.  Sie fügten sie ein in diesen Rhythmus des Jahresablaufes, der ihnen zeigte, daß nach der Not des Winters durch die Wende der Sonne zu höherem Lauf die Tage wieder länger und wärmer wurden.

Wie sehnten sie sich in den kurzen Wintertagen nach der segenspendenen Sonne, die sie so lange entbehren mußten.  Wie groß war ihre Sehnsucht nach dem Auferstehen der Natur, wenn sie nach tiefem Schlaf, von harten Frühlingswinden geschüttelt, wieder erwachte, Fluren und Wälder wieder grünen, der Frühling seinen Einzug hielt.

In den Tagen aber, bevor die Sonne ihren tiefsten Stand des Jahres erreichte, die Natur zu schlafen schien, gedachten sie der Lieben, die ihnen vorangegangen, die nicht mehr unter ihnen weilten.  Dieses Gedenken der Toten, diese Totenfeier die den geweihten Nächten, in altdeutsch "ze wihen nahten" voranging, war das Julfest.  Noch heute gedenken wir in diesen Tagen besonders innig unserer lieben Toten, schmücken ihre Gräber und verweilen in Gedanken bei ihnen.

Dann aber, wenn die Sonne ihren tiefsten Stand erreichte, waren die Tage der zwölf heiligen Nächte herangenaht, "wihen nahten", von denen uns eine Weihenacht vom 24. zum 25. Julmond als höchste Feier des Jahres geblieben ist.  In manchen Gegenden wird noch heute der letzte Tag dieser zwölf heiligen Nächte am 6. Tag des ersten Monats im neuen Jahr als hoher Feiertag begangen.  Der Sinn der Feier blieb im Volke lange lebendig, weil er innig mit dem Ablauf der Jahreszeiten verwoben war und im Einklang stand mit den Gesetzen des Naturgeschehens.  Diese in der Natur wirkenden Kräfte wurden zu personifizierten Naturgewalten.

So ruhte an diesen zwölf Tagen der Weihenächte die mit dem Halsbandschmuck der Fixsternbilder geschmückte Frigga, die an der Weltenachse, dem Spinnrocken gleich, am Faden der Geschichte des Weltalls spinnt.  Sie war nach nordischer Auffassung die Göttin des häuslichen Herdes und der Fruchtbarkeit.  So ruhte auch der Mensch aus von der Arbeit an diesen zwölf heiligen Tagen.  Der Spinnrocken mußte leergesponnen sein, die Wäsche durfte an diesen Tagen die Leinen nicht zieren.  Bis heute hat sich diese Sitte im Volke erhalten, wenn auch den meisten der Sinn unbekannt blieb.  An diesen Tagen ruhte die Natur, ruhte der Mensch, die Stille der Weltenruhe nicht zu entweihen.

Aber vor diesen Tagen der Ruhe wurde alles betriebsam gerichtet zu diesem Fest besinnlicher Freude.  Jubel herrschte bei alt und jung, denn nun wußte man, daß die Sonne bald ihren tiefsten Stand erreichte und es wieder aufwärts ging draußen in der Natur.  Dieses Wissen gab den Menschen auch neuen Auftrieb zu neuen Taten im kommenden Jahr.  Man freute sich auf die lang entbehrte wärmende Sonne, die nun wieder höher stieg am Himmelszelt.  Jetzt war die rechte Zeit, seinen lieben und guten Freunden von Herzen kommende Grüße und Wünsche zu entbieten.  Mit dem Schenken von Weihnachtsgaben glaubten sie, den Wünschen besonderen Ausdruck zu verleihen.  In frühesten Zeiten warf man auch Gaben am Totenfest, später Julfest genannt, als Gruß von den Toten zur Halle herein, denn das Totenheer, von Wotan geführt, zog in ihren Gedanken vorüber.  Der Julklapp erinnert noch heute an diese Sitte.  Später war es dann Wotan alleine, der vorüberritt und die Gaben an der Schwelle des Hauses niederlegte.  Dann wurde Nikolaus daraus, der auf seiner weiten Wanderung durch die Lande den Kindern leckere Sachen in die Schuhe legte.

Überall in Sitte und Sage finden wir Zusammenhänge des Menschenlebens mit dem Ablauf des Lebens in der Natur.  Auch die gütige und manchmal auch strafende Frau Holle, die zur Weihnachtszeit die Betten schüttelt, daß die Federn fliegen, ist uns vertraut geblieben.  Aus der Gestalt des Ruhmreichen (Hroudperacht = der Ruhmprangende), der lichtbringenden Gestalt, die eigentlich dem Lichtgotte Baldur, dem Liebling aller Götter und Menschen, aller Tiere und Pflanzen ähnelte, wurde der Weihnachtsmann, der später zu dem Knecht Ruprecht herabgewürdigt wurde.  So reitet denn Ruprecht auf einem weißen Pferd durch die Lande mit Geschenken, Äpfeln und Nüssen und allerlei Backwerk, überall Freude den frohgestimmten Menschen bringend, bis an den heutigen Tag.

An den zwölf heiligen Tagen herrschte festliche Freude überall.  Festlich gestimmt, versammelten sich alle, die zur Hausgemeinschaft gehörten und nahmen Platz an der geschmückten Tafel.  Die magere Mittagskost wurde nun abgelöst durch Festbraten und andere Leckerbissen, die die fürsorgliche Mutter und hilfreiche Hände bereitet hatten.  Man konnte sich wieder sattessen und war froh, daß der tiefste Stand der Sonne nun überwunden war, wenn auch noch lange Wochen der Entbehrung, des Frierens vor ihnen lagen, in denen Eis und Schnee zu überwinden waren.  An den langen, kalten Winterabenden verbreiteten Kienspanlichte und Kerzen aus Wachs schummerndes Licht und anheimelnden Duft im Raume, in dem man sich im Kreise der Sippe um die wärmende Feuerstelle drängte, plauderte, scherzte und von vergangenen Tagen und Zeiten erzählte.

Wir wollen nun nicht den alten Germanenglauben unbekümmert um die geweiteten und vertieften Naturerkenntnisse wieder aufrichten, wir wollen deshalb auch nicht sklavisch die alten Sitten des Festes in ihrem Ursinn wiederbeleben, aber der ewig unabänderliche Gehalt der Feier wird uns bleiben, und er wird in der liebsten Sitte des Weihnachtsbaumes uns heute doppelt bewußt.

Der Baum war unseren Ahnen eines der heiligsten Sinnbilder des Lebens.  Bei alten Feiern und Anlässen zogen sie hinaus zu den ältesten und ehrwürdigsten Bäumen, zu den heiligen Hainen.  Nur an einem Feste, dem gemütstiefsten aller Jahresfeiern, verboten Eiseskälte und Wettergunst die Feier unter freiem Himmel, unter den feierlichen Bäumen.  Nun, so mußte das Heim zum Haine werden.  Man holte darum den immergrünen Tannenbaum ins Heim und schmückte den Raum mit Tannengrün.

Wenn die Tanne auch den kleinsten unter den Kindern zu lebendiger, froher Frühlingsfreude und Sommerhoffnung werden sollte, dann mußte in der Nacht vor dem Feste, wenn alle schliefen, ein Wunder geschehen.  Liebe Mutterhände zauberten dann an die Äste rotwangige Äpfel, Nüsse und allerlei Süssigkeiten.  Sinnvoll ist dieser uralte Schmuck für dieses Fest des Jahreswechsels, der Wintersonnenwende, der Freude auf die Geburtsstunde des kommenden Frühlings... (von Frau Dr. Mathilde Ludendorff).

Bis in unsere Tage hinein hat sich dieser schöne Brauch erhalten, der unsere Seele bewegt, da sie zutiefst mit ihm verwoben ist, denn der Weihnachtsbaum ist eine uralte deutsche Sitte, was die Kirche uns allerdings gerne absprechen möchte, obwohl ihr bekannt sein müßte, daß sie den Tannenbaum zur Weihnachtszeit von Anfang an als heidnische Sitte bekämpfte.  Dieser Kampf aber zerbrach am Willen des Volkes, so daß sie gezwungen war, den heidnischen Weihnachtsbaum in die Kirche hineinzunehmen.  Wegen der weihevollen Stimmung, die dieser lichtgeschmückte Tannenbaum ausstrahlt, wurde es leichter, an den Tagen der heiligen Weihenächte in die Kirche zu gehen, den schönen Weihnachtsmelodien deutscher Tonmeister zu lauschen.  Und so ist es auch heute noch.

Der mit Äpfeln, Nüssen und Lichtern geschmückte Tannenbaum, dessen immergrüne Nadeln der Eiseskälte trotzen, steht in jedem Hause als heiliges Sinnbild der Weltenesche, die aller Bäume Früchte trägt, die zugleich Sinnbild für das neue Werden und Keimen im kommenden Frühling sind.  Der Kerzenschimmer versinnbildlicht das Licht der Sonne, die nun wieder heller und wärmer strahlen wird, hat sie doch ihren Lauf wieder zur Höhe gewendet und die Menschen mit neuer Hoffnung erfüllt.

So wird denn unsere Weihnacht durch den geschmückten Lichterbaum geheiligt, strahlt doch sein warmes Licht tief in unsere Herzen hinein und bewegt die in unserer Seele ruhenden göttlichen Wesenszüge.  Geheiligt wird unsere Feier auch durch das Wissen, daß der Mensch mit dem Jahresrhythmus in der Natur den unabänderlichen Naturgesetzen auf das engste verbunden ist.  Und so ist denn gerade die besinnliche Weihnachtszeit auch so recht dazu angetan, das göttliche gerichtete Denken und Fühlen in uns immer wieder zu wecken und zu vertiefen.

In Gedanken an unsere Vorfahren, die in hoffnungsfrohem Wissen über die nun wieder aufsteigende, wärmende Sonne alle Not und Entbehrungen des gestrengen Winter ertragen hatten, entzünden wir die Kerzen an unserem Weihnachtsbaum zu froher Feier im Kreise unserer Lieben und derer, die heute nicht mehr unter uns weilen, aber in den Tagen der Weihenächte uns besonders nahe sind.


(Entnommen aus: Die Deutsche Volkshochschule, 41, Nov. 1985. Allgemeinverständliche wissenschaftlich-philosophische Beiträge im Sinne der Gotterkenntnis Ludendorff)  (Quelle: dieser Beitrag wurde uns von einem Leser zugeschickt)