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Entstehung der Bitumen



Über die Entstehung der Bitumen (1)

Gleich dem Steinkohlenproblem hat auch das Problem der Bitumina-Entstehung zunächst eine vornehmlich geologisch-dynamische und dann aber noch eine chemisch-physikalische Seite; doch ist gerade diese letztere im vorliegenden Falle noch viel wichtiger und im chemischen Laboratorium auch schon viel eingebender bearbeitet worden, als dies mangels einer zwanglos mitdenkbaren Kosmo-Geogonie auch in Dingen der Steinkohlenforschung bisher geschehen hätte können. 
Zwei weltbekannte Forscher Mitteleuropas waren es denn auch, ein Erdölgeologe und ein Erdölchemiker (2), denen wir außer mehreren kleineren Arbeiten ein fünfbändiges Monumentalwerk über den Gegenstand verdanken; ihnen wollen wir auch vorzugsweise hier soweit folgen, als wir für die geogonische Seite des Problems nicht auch einige grundlegende glazialkosmogonische Verbesserungen in Vorschlag zu bringen haben.  Können wir als Nicht-Berufschemiker hinsichtlich der physikalischen Seite dieses hohen Problems Prof. Englers Laboratoriumsresultate auch nur dankbarst als etwas unabänderlich Gegebenes aufgreifen, so glauben wir dennoch Professor Höfer in geologischer Hinsicht um so mehr willkommene Ergänzungen bieten zu dürfen, als er in seiner Vorrede zum II. Band die Meinung ausspricht, daß die "spezielle Geologie des Erdöls" trotz der "jahrelang mühsam aufgewendeten Arbeit nicht ganz befriedigen dürfte". 

Hinsichtlich der letzten geologisch-dynamischen Ursachen der Bitumenentstehung glauben Höfer und Engler in altherkömmlicher Weise mit der Laplace-Lyellschen - also katastrophenlosen Erdkörperfortentwicklung ihr volles Auslangen finden zu können.  Wir müssen dagegen mit Nachdruck betonen:  Ohne Kataklysmus keine restlose Lösung des Bitumenproblems!  Und natürlich abermals: Ohne Eiszeit kein Kataklysmus und umgekehrt - und ohne diese beiden Unzertrennlichen und ohne einander Unmöglichen überhaupt weder Bitumen, noch Steinkohle, noch Steinsalz, noch Gips, noch Kalkstein, noch Sandstein, noch irgendwelche neptunische Schichtbildung überhaupt.  Höfer und Engler wollen aber ganz im Lyell-Potoniéschen Sinne aus dem heute beobachtbaren geologischen und biologischen Kleingeschehen heraus auch ein Erdölvorkommen, wie das karpathische, kaukasische, transkaspische, pennsylvanische usw. erklären!  Wir dagegen wollen die in der Vorzeit über die Erde gegangenen, die Erdgeschichtsepochen bestimmenden Mondauslösungskatastrophen auch aus den Erdgas- und Erdölfundstätten heraus zu erweisen suchen.

Die großen Verdienste Potonié (3) um die Phytopaläontologie sind es eigentlich, die ihm auf dem Gebiete der Mineralkohlen- und Bitumen-Urmaterialien die allerdings nur zaghafte Gefolgschaftsleistung Englers und Höfers eingebracht haben.  Auf Seite 82 seines Steinkohlen- und Petroleumbuches sagt Potonié: "Zur Beschaffung des notwendigen Urmaterials (zur Bitumenbildung) glaubt man aber noch vielfach einer Katastrophentheorie zu bedürfen, nach der, durch besondere Umstände veranlaßt, Massengräber von Tieren entstanden sein sollen, als Urmaterialien der Petrolea.  Berteles z. B. (1892) - um nur einen anzuführen - meint, Petroleum sei nur möglich: 1. beim Vorhandensein größerer Massen von Meerestieren, insbesondere von Molusken; 2. bei einem Festland mit steilen Uferrändern, von dem periodisch bei stärkeren Niederschlägen mit reißender Gewalt große Schlammassen ins Meer geworfen werden konnten, wodurch die Lebenswelt begraben wurde."

Hier sehen wir also Berteles verlangen, was wir kataklysmatisch spielend leicht bieten!  Potonié lächelt noch überlegen über die bescheidene Forderung Berteles.  Denn Potonié braucht nur ausgetrocknete Pfützen, Teiche und langsam verlandete Seegründe mit ihrem planktonhaltigen "Faulschlamm", um zu den vermeintlichen Urmaterialien der Petrolea zu gelangen. 
Prinzipiell ist aber Berteles' Gefühl in zweifacher Hinsicht richtig: Er verlangt zunächst größere Massen von lebend begrabenen Meerestieren und wünscht deren gewaltsam plötzliche, periodische Einbettung vermutlich bis in einem Grade, daß eine Verwesung nicht mehr gut Platz greifen kann.  Seine Detailerfüllung dieser beiden Bedingungen, speziell der zweiten, erscheint uns aber gänzlich unzureichend, ja unmöglich - in der Grundidee geradezu dilettantisch unbeholfen.  Auf diese Weise lassen sich höchstens zerstreute, ortsfeste Organismen und Seepflanzen (Seeanemonen, Korallen, Schwämme, Muscheln, Algen, Tange usw.) fäulnissicher einbetten, aber auch nicht ein einziges behendes, frisches Fischlein oder gar die gewünschten größeren Massen von Meerestieren; noch weniger aber läßt sich solcherart (ohne Eiszeit) eine ausgedehnte periodische Schichtenbildung bewerkstelligen.

Um beispielsweisen dem Ölvorkommen Bakus gerecht zu werden, muß die Sache in viel größerem Maßstabe, in viel rationellerer Weise, gleichsam massenfabriksmäßig betrieben werden, etwa indem wir der ganzen Groß- und Kleinbewohnerschaft (Sauriern, Walen, Fischen, Würmern, Medusen, Tintenfischen und sonstigen Mollusken, potenzierte Billionen von Planktonorganismen usw.) den Aufenthalt in einem ganzen Weltmeer verleiden, sie in eine große Bucht mit sackartigen Hinterbuchten locken, um sie schließlich auch von da noch im Wege sanft zunehmender Meeresoszillationen allmählich in die verschiedenen vereisten Festlandbecken zu drängen, zu werfen, zu schöpfen, wo sie dann entweder im alltäglich erstarrenden Ebbeschlamme der einzelnen Tageslieferungen kohlenflötzartig aufeinandergefrieren oder in solchen Tageslieferungsvereinigungen in großen Massen gleichzeitig den schmerzlosen Erfrierungstod erleiden und vom nachkommend nächsten Revolutionsflutberg mit einer kompletten Schichtformation und später noch mit deren mehreren belastet und komprimiert werden mögen, um gleichzeitig die hieraus resultierende Druckwärme zur Destillation unter hohem Druck auszunützen, wie dies eben Engler im Laboratorium experimentell bereits erforscht hat.


Bildquelle/text: Buch "Planetentod und Lebenswende" von H.W. Behm)
Die zur Zeit des eintägigen Monats über Afrika (Zenitflutberg) und über dem Stillen Ozean (Nadirflutberg) verankerten Flutberge.


Wenn wir beispielsweise das karpathisch-kaukasische Erdölvorkommen im Lichte eines solchen kataklysmatischen Riesenfischzuges ins Auge fassen, so ergibt sich für die verschiedenen tertiären Flutbergvorschliche sofort das Mittelmeerbecken mit der schön-trichterförmigen Straße von Gibraltar als bestgeeignete Einfangsbucht.  Der Vorgang ließe sich etwa folgendermaßen ausmalen: In den Zeiten der vorschleichenden Flutberge möge gelegentlich der Zenitflutberg das atlantische und der Nadirflutberg das westpazifische Weltmeerbecken durch seine Breitenoszillationen vom Grunde aus aufwühlen und durch Beunruhigung und Schlammschwängerung eine Zeitlang unbewohnbar machen.  Noch bevor dieser Zustand eintritt, sieht sich die behendere Meeresfauna von den Planktonorganismen und Quallen bis zu den Robben, Walen und Haien des atlantischen Beckens nach Osten gedrängt.  Die Mehrzahl der letzteren wird teils das sibirische Eismeer erreichen, soweit es nicht entwässert und ganz vereist sein sollte, teils um Afrika herum den Weg ins südindische Becken finden, soweit es nicht in den über beide Pole um die Erde gelegten Revolutions-Ebbegürtel einbezogen erscheint.  Ein Teil der flüchtigen Meeresfauna möge die Ostsee und den anschließenden Bottnischen und Finnischen Meeresbusen als Refugium wählen, falls es zur kritischen Zeit dort überhaupt Wasser gibt.  Der größte Teil der so reich gegliederten Meeresbewohnerschaft wird sich aber in dem Trichter der Gibraltarstraße verfangen und so in die Falle des Mittelmeerbeckens geraten, wo es sich noch längere Zeit unter stagnierenden, mäßigen Meeresoszillationen trügerisch ruhiger leben läßt, als im Atlantik, direkt unterm oszillierend heranschleichenden Zenitflutberg.
Damit ist aber das Schicksal dieser Faunascharen schon größtenteils besiegelt, und ein Entkommen wohl nur mehr einem geringen Prozentsatz möglich, wenn der oszillierende Zenitflutberg endlich im schleichenden Tempo den afrikanischen Kontinentsockel besteigt und seine täglichen Breitenflutwellen über das Mittelmeerbecken und die pyrenäischen, apenninischen und alpinen Gebirgswälle hinweg nach Nordeuropa ins vereiste Gelände wirft.  Ein Teil der abgesperrten Mittelmeer-Überbevölkerung wird schon bei dieser Gelegenheit in die nordeuropäischen Oszillations-Ebbegebiete und deren Mulden geschwemmt und zur Frosteinbettung gebracht.  Der größte Teil wird aber so lange nach Osten ausweichen und sich im Adriatischen, Ägäischen und Schwarzen Meer zusammendrängen, als es überhaupt geht.  Schließlich werden aber auch diese letzten Refugien von den heftigeren "Tethys"-Oszillationen ergriffen und aus ihnen täglich ganze Flottenladungen der Meeresfauna in die nordöstlich davon liegenden vereisten Festlandsbuchten geschwemmt, geworfen, geschöpft und in frosterstarrender Weise fäulnissicher eingebettet.  Dort, wo die Tageslieferungen täglich ganz nieder gefrieren, erfolgt die Einbettung im Schichtenwechsel; wo aber in tieferen Becken immer noch ein Teil der Füllung unter Salzausscheidung flüssig bleibt, entstehen schließlich buchstäbliche Massengräber im Wege der teilweise auch hier anwendbaren Horizontalsortierung.  Es ist das "Große Sterben", das schon manchem bedächtigen Paläontologen noch rätselhafter erschienen ist, als die Lebensentwicklung selbst.  Der oszillierend näherrückende, kulminierende und abschleichende Zenitflutberg baut dann den gut belastenden Grabhügel darüber, manchmal mit Kohlenflözen, meist aber auch ohne solche, und es kommt dann nur zu einem Sand- und Tonsandstein-Schichtkomplex als Grabhügel, eventuell auch mit Salzflözen, Anhydrid- und Gipsbänken untermischt, wie später noch verständlicher gemacht werden soll.

Wenn wir eine Karte der "alten Welt" zur Hand nehmen, so sehen wir, daß die heutigen europäischen, besonders aber die karpathischen und kaukasisch-kaspischen Erdöllager samt den Erdpech-, Erdwachs- und Asphaltlagern (auch dem des Toten Meeres) sich geographisch ganz befriedigend dem geschilderten Vorgange eines solchen kataklysmatischen Riesenfischzuges eingliedern lassen, bei welchem das Mittelmeerbecken als Einfangsbucht dient.  Im nachstationären Falle eines rückschleichenden Flutberges wird wieder das Arabische Meer mit dem Roten Meer und Persischen Golf als Hinterbuchten eine ausgiebige Einfangsgelegenheit bieten, von welcher wir auch den altbekannten Öl- und Asphaltreichtum Mesopotamiens herleiten, einen Teil der Beute aber auch an das kaukasisch-kaspische Öllager abgeben könnten.
Was aber für die (von Ost nach West) rückschleichenden und bloß in geographischer Breitenrichtung heftig oszillierenden Flutberge auf der Nordhemisphäre am ersten Blick als bestgeeignete Einfangsbucht größten Stils sich aufdrängt, das ist wohl der heutige Golf von Mexiko, mit den Halbinseln Yukatan und Florida als Fangwehren und dem vorgelagerten Kuba als Rückwehre.  Wenngleich in kataklysmatischer Zeit gelegentlich eines dortigen Flutbergdurchschliches zufolge des täglichen Hebens und Senkens des Meeresniveaus der heutige Verlauf der Uferlinien nicht in Betracht kommt, so bleibt doch die Tatsache eines riesigen Einfangbeckens bestehen, aus welchem heraus nicht nur die rückschleichenden, sondern auch die pseudostationären Flutberge die ganze Mississippiniederung weit nach Norden und auch nach Osten und Westen hin mit Ölurmaterialien beschichten müssen.  Als zweitbeste Einfangsbucht Nordamerikas, aber nur für vorschleichende und schreitende bis eilende Flutberge in Betracht kommend, drängt sich uns der Golf von Kalifornien auf. - Es würde natürlich zu weit führen, wollten wir die ganze Erdkarte nach günstigen Einfangsbuchten für Bitumenurmaterialien absuchen.  Der Hauptsache nach genügt es wohl zu sehen, daß sich von den vier augenfälligsten Einfangsbuchten (Mittelmeer, Arabisches Meer, Mexikogolf und Kaliforniengolf) auch die vier ergiebigsten Ölfelder und reichsten Asphaltlager der Erde ganz ungezwungen herleiten lassen, wie wir gleich zeigen wollen.

Für unser Problem kommen vornehmlich nur die stationärnahen Zeiten des Kataklysmus in Betracht, die ja auch immerhin so manches Jahrzehntausend umfassen mögen.  Nur vollkommen isoliert ausgebildete schleichende Flutberge vermögen ihre Flutwellen jahrelang, ja Jahrzehnte und Jahrhunderte lang (je nach zeitlicher Nähe zum stationären Stadium) täglich beispielsweise aus dem östlichen Mittelmeere über ganz Osteuropa - oder aus dem Arabischen Meer über Arabien, Persien, Turkestan, Afghanistan usw. - oder aus dem Mexikogolf weit und breit über die ganze Mississippiniederung hinaus, aus dem Golf von Kalifornien bis in die Rocky Mountains, oder aus dem Bengalischen Meerbusen selbst über den Himalaja hinweg zu werfen.  Und auch nur in dieser manches Jahrzehntausend umfassenden Kulminationszeit des Kataklysmus kulminiert auch die ihm vergeschwisterte Eiszeit, um in den täglichen Oszillationsebberückständen die Meeresfaunamassen fäulnissicher eingefroren und eingebettet wissen zu dürfen.  Hieraus geht auch hervor, daß in den Tropen gelegene Buchten sich nicht besonders für Bitumenzweckdienliche Meeresfaunaeinbettungen eignen, anders müßten wir beispielsweise im Hinterlande des Golfes von Guinea viel ausgiebigere Ölfelder finden, als dies bisher tatsächlich zutrifft.  Bitumen-zweckdienliche Einfangsbuchten müssen also vor allem eine gewisse höhere geographische Breite haben.  Aber auch die in zu hohen ± Breiten liegenden Buchten eignen sich auch dann nicht zum zweckdienlichen Einfang, wenn sie ihre Weltmeermündung den (geographischen) Breitenoszillationsfluten der stationären, sowie rück- und vorschleichenden - oder den (geographischen) Längsrevolutionsfluten der rück- und vorschreitenden Flutberge auch noch so schön trichterförmig entgegenhalten, weil sie im ersteren Falle von den Breitenoszillationswellen nicht mehr - und im zweiten Falle von den Revolutionswellen überhaupt niemals wirksam erreicht werden können.  Denn es bildet ja eine prinzipielle Kennzeichnung aller kataklysmatischen Stadien, daß in ihnen die höchsten Breiten mehr und mehr entwässert werden, um die Tropen unter das "Große Wasser" der Inkaväter und die mittleren Breiten unter das Eis des "Großen Winters" zu bringen.  So wäre z. B. der Ohotskische Meerbusen eine günstige Einfangsbucht für (von Ost nach West) rückschleichende Flutberge, wenn er um etwa 20 Breitengrade südlicher läge.  Abgesehen von einem Pechsee und spärlichen Erdölfunden auf Sachalin scheinen im weiteren nördlichen Hinterlande dieses Meerbusens bisher noch keine auffälligen Erdölspuren gefunden worden zu sein.  Dagegen dürfte die für (von West nach Ost) vorschleichende und schreitende Flutberge günstig liegende Alaskabucht trotz ihrer hohen geographischen Breite dadurch einigen Einfang ermöglicht haben, daß die kanadischen Küstengebirge eine Art von hinauflenkendem Wehrsporn dieser Bucht abgeben; denn aus Alaska (speziell Cook inlet) werden Ölfunde gemeldet.  Ihrer geographischen Breitenlage nach müßten im Norden und Nordwesten des Gelben Meeres und des Golfes von Tonking eigentlich mehr Öle zu finden sein als hierüber bisher verlautet.  Doch sind alle diese Buchten auch viel zu klein, um in den Ölfunden Ostasiens und Alaskas besonders angedeutet zu erscheinen.  Auch ist deren Form und Hauptrichtung dem sicheren Einfange nicht in dem Maße günstig, wie wir dies beim Arabischen Meer, Mittelmeer, Golf von Mexiko und zum Teil auch im Kalifornischen Golf so zweckdienlich verwirklicht sehen.  Denn eine zweckmäßige Einfangsbucht soll sich nicht so sehr den Breitenoszillationswellen der Flutberge entgegen öffnen, als vielmehr der geographischen Längsbewegung der oszillierend heranschleichenden oder auch schreitenden und eilenden Flutberge.  Und das trifft eben im Arabischen Meer und im Golf von Mexiko für die vorstationären, also (von Ost nach West) rückschleichenden Flutberge vortrefflich zu.  Ganz ausgezeichnet stimmt dies aber im Mittelmeer für die nachstationären, also (von West nach Ost) vorschleichenden Flutberge.  Es stimmt daher auch vollkommen, daß sich die ergiebigsten Ölfelder Europas nördlich vom äußerst östlichen Ende des Mittelmeerbeckens und deren Hinterbuchten finden.  Und hinsichtlich dieser Bedingung bilden die auf rückschleichende Flutberge zugerichteten beiden anderen hauptsächlichsten Einfangsbuchten auch ganz richtig zutreffende Spiegelbilder des Mittelmeer-Ölvorkommens: Die ergiebigsten Ölfelder finden sich nördlich vom westlichsten Ende des Arabischen Meeres und des Golfes von Mexiko.
(Näher kann auf die geographische und speziell geologische Seite des Themas hier nicht eingegangen werden.  Vorliegende Arbeit ist im wesentlichen ein knapper Auszug aus einem Separatabdruck der "Österreichischen-Flug-Zeitschrift" [Heft 19 und 20 vom Oktober 1915].  Dort hat sich Hörbiger eingehender mit der hier behandelten Materie befaßt.  Schriftleitung.)


Wir wenden uns nunmehr der mehr physikalisch-chemischen und allgemein-geologischen Seite unseres bitumengenetischen Problems zu.  Gegenüber den Potoniéschen Faulschlammhypothesen stellten wir schon 1910 die folgenden acht Thesen auf, an denen wir auch heute nicht viel zu modifizieren haben:
  1. Große Mengen von organogenen Fettstoffen müssen durch einen natürlichen Vorgang, eventuell in einem Becken, lokal aufgehäuft werden, wobei es nichts verschlägt, wenn diese Anhäufung in Schichtenform erfolgt, ähnlich den Kohlenflözen.
  2. Bis zur endgültigen Einbettung müssen diese Urstoffe vor Verwesung, Fäulnis und Zersetzung an der Luft bewahrt bleiben, am besten also wohl durch Frosterstarrung jeder einzelnen Schicht.
  3. Die Einbettung muß hermetisch sein, um auch weiterhin einen dauernden Verwesungsschutz zu bilden, am besten wohl wieder durch Frosterstarrung des ganzen Schichtkomplexes.
  4. Dieser von Fettstoff schwangere Schichtkomplex wird unter hohen Druck zu bringen sein, um u. a. auch eine Erhöhung des Siedepunktes der flüchtigen Teile zu erzielen, wie etwa in einem geschlossenen Kocher.
  5. Mit zunehmendem Druck ist für eine entsprechend hohe Temperatur zu sorgen, um die Fettstoffe einer Hochdruckdestillation unterziehen zu können; am einfachsten benützen wir die sich von selbst ergebende Belastungs-Kompressionswärme nebst der inneren Erdwärme.
  6. Die unmittelbare Umhüllung des Rohproduktes muß nach Auftauung des Schichtgemenges dennoch soweit porös sein, daß sie den Destillationsprodukten das Entweichen in das Nebengestein gestatten.
  7. In diesem Nebengestein ist für die entsprechende Kondensations- und Ansammlungsgelegenheit zu sorgen, etwa durch die erhöhte Porösität, durch grobes Korn oder durch Klüfte von durchwegs niedriger Temperatur.
  8. Nach oben sind diese Öldurchtränkungsschichten durch undurchlässige und gut belastete Tonschichten hermetisch abzuschließen, um die Destillationskondensate für beliebig lange Zeiten zu konservieren und die sich entwickelnden Gase am Entweichen nach oben zu hindern.
Wir glauben, daß diese acht Grundbedingungen den von Engler im Laboratorium künstlich nachgeahmten, in der Erde hintereinander zu schaltenden chemischen Übergangsprozessen besser entsprechen, als was Potonié hierfür in geologischer Hinsicht geboten hat und von Engler auch vorübergehend als geologische Grundlage angenommen wurde.

Für die chemischen Ausfertigungsprozesse samt den vorausgehenden Bitumierungsphasen bietet uns Engler in den "Neueren Ansichten" das folgende Schema "als eine übersichtliche Darstellung eines auf Experimente gestützten möglichen genetischen Zusammenhanges des Urmaterials - tierische und pflanzliche Reste - mit den Haupttypen (Methanöle, Naphtenöle, Schmieröle) des Erdöls":



Dieses Schema betrachten wir nur unterhalb der "Bitumen verschiedener Phasen" mit der begreiflichen Scheu des Nichtberufschemikers, während wir oberhalb dieser Zeile uns wohl erlauben dürfen, Modifikationen in Vorschlag zu bringen, und zwar um so beherzter, als uns Engler ja auch selbst nur einen möglichen genetischen Zusammenhang des Urmaterials mit den von ihm experimental nachgeahmten Haupttypen des Erdöls bieten will und sich in seiner geologischen Unsicherheit auch das Recht späterer Modifikationen seines Schemas vorbehalten hat.
Wir schlagen also zunächst vor, die Zwischenstufe: "Sapropel oder Faulschlamm" einfach ganz wegzulassen.  Aus einem Zusammenhalten von Potoniés "Faulschlamm"-Hypothesen mit Englers experimentellen Arbeiten ersieht man sofort, daß hier nur eine Gefälligkeit, ein kollegiales Entgegenkommen des Erdölchemikers dem sonst so verdienstvollen Phytopaläontologen gegenüber vorliegt.
Des weiteren möchten wir vorschlagen, im Hauptteil des Schemas die tierischen Reststoffe mit erdrückendstem Übergewicht zu betonen und die pflanzlichen Reststoffe nur ausnahms- und zufallsweise hin und wieder in geringen Mengen zuzulassen, wenigstens soweit Urstoffe des Erdöls in Betracht kommen.  Hierfür möchten wir nicht so sehr chemische, als vielmehr mechanische Gründe vorbringen.  Wir können (pflanzliche) Schwimmstoffe und zoogene (tierische) Sinkstoffe irgendwo untermengt abgelagert werden, ansonsten müßte es auch Steinkohlenflöze mit etwa eingeschlossenen Armkiemenerschalen geben.  Und ebenso selten als wir in der Steinkohle eine verkohlte Tierschale finden (wohl fast niemals?), ebenso unwahrscheinlich sind mit den Urmaterialien des Erdöls irgendwo phytogene Urstoffe zusammen eingebettet worden.  Und wenn es auch ausnahmsweise irgendwo ein Erdöl geben sollte, das aus phytogenen Reststoffen herstammt, so waren es sicher nur Pflanzenstoffe ohne Untermischung tierischer Reste. 
Wir verwenden die im Kataklysmus durch die oszillierend umschleichenden beiden Flutberge entwurzelten und aufgehobenen Urwald- u. dgl. Pflanzenreste, und dazu gehören auch die Tange und Fettalgen des Meeres, in erster Linie zur Steinkohlenflözbildung.  Und wenn es höchst ausnahmsweise auch vorkommt, daß aus angefahrenen Kohlenflözen Erdöl träufelt, wie Höfer berichtet, so werden wir abermals ausnahmsweise eher zugeben, daß dieses spärliche Steinkohlenöl den pflanzlichen Fettstoffen (eventuell Fettalgen) des verwendeten, durchwegs phytogenen Steinkohlenurmaterials entstammt und nicht etwa miteingeschlossenen Mollusken oder Fischen usw.  Und wenn beispielsweise Unmassen von Fischleichen wirklich irgendwo genau denselben Gesetzen der Horizontalsortierung unterworfen wurden, wie die vegetabilischen Schwimmstoffe, und zusammen in einem und demselben Oszillations-Ebbegebiet zur Ablagerung kamen, so sorgt wieder die Vertikalsortierung dafür, daß diese Fischleichen nicht in die obere Schwimmstoffschichte, sondern in die untere Sinkstoffschichte gelangen, da ja in dem zermürbenden Verschwemmungsvorgang ein baldiges Platzen oder Entlüften der Schwimmblasen eintreten muß.  Es werden daher auch Fischversteinerungen nie im Kohlenflöz selbst, sondern höchst ausnahmsweise nur im feinkörnigen "Liegenden" und "Hangenden" vorkommen.  Daß nun solche Fischreste führende Schiefertone etwas bituminös sein müssen, ist ja selbstverständlich.  Aber es wäre im Falle ölhaltiger Nachbarkohle wieder irrig, mit Höfer zu schließen, daß solches zoogenes Öl aus dem Schieferton in das anliegende Kohlenflöz gelangt sein könnte; denn die Kohle wird im Wege der Druckverkohlung zu einer ganz undurchlässigen pechartig-homogenen Masse, die ein Eindringen des Öls von außen nicht gestattet.  Allerdings ist es chemisch schwer vorstellbar, daß im Kohlenflöz enthaltenes phytogenes Öl den Verkohlungsprozeß überdauert haben und nicht durch Destillation entwichen sein sollte.  Abgesehen von der dichten Pechstruktur behelfen wir uns da aber mit Engler und anderen älteren Steinkohlenchemikern noch damit, daß in diesem Prozesse die im Laboratorium als notwendig erprobten hohen Temperaturen durch die Länge der geologischen Verkohlungszeitdauer gewissermaßen ersetzt werden können.

Es ist ja möglich, daß wir den einen oder anderen dieser unserer Detailvorschläge später zurückziehen oder modifizieren müssen, aber im allgemeinen möchten wir doch bitten, bei weiteren Bitumenexperimenten hinsichtlich der natürlichen Erdölentstehung im großen vom "Sapropel" oder Faulschlamm einmal versuchsweise ganz absehen zu wollen.  Man wird sehen: Es geht sicher bequemer ohne denselben.  Um dem Bitumenchemiker diesen Verzicht zu erleichtern, wollen wir uns jetzt Potoniés neues Nomenklaturschema näher ansehen:



Um den Namen des verdienstvollen Phytopaläontologen auch hier gerecht zu werden, schlagen wir vor, die drei ersten Begriffe (Biolithe, Akaustobiolithe, Kaustobiolithe) als prägnante Bezeichnungen organogener "Gesteine" zwar beizubehalten, jedoch deren durchaus quietistisch (katastrophenlos und autochthon) gedachten Inhalt in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle in einen kataklysmatischen zu verwandeln.  Von den drei Unterabteilungen der Kaustobiolithe aber sind besonders die Begriffe der "Sapropelite" und der "Humusgesteine" ihrem Wortsinne nach schon zu irreführend, um ihnen glazialkosmogonischen Inhalt geben zu können, und auch der quietistische Sinn der "Liptobiolithe" (liptos = zurückgelassen) würde eine arge Einschränkung erfahren müssen, wenn wir den Begriff beibehalten sollen.  Möglicherweise ist es nämlich gar nur der Bernstein, den man einen Liptobiolithen im Potoniéschen Sinne nennen darf.  Es besteht aber für uns auch da kein Zweifel, daß auch der Bernstein eine teilweise kataklysmatische Vorgeschichte hat.  Und nach unserem eingangs betonten diesmaligen Arbeitsprogramm will ja auch unsere ganze Bitumenbetrachtung keinen anderen Endzweck verfolgen, als auch den Bitumenforschern die Notwendigkeit der geologischen Kataklysmen in der Erdgeschichte nahezulegen, wie wir es den Steinkohlenforschern gegenüber ja bereits so getan haben.  Den Begriff "Wachsharz" ventilieren Engler und Höfer überhaupt nicht.  Das Erdwachs aber ist ja gleich dem Asphalt als ein Rückstandsprodukt einer langwierig-kühlen, natürlichen Erdöldestillation anzusehen, weshalb ja auch ausdrücklich von einer "Verharzung des Erdöls" gesprochen wird.  Also durchaus nicht alles, was in der heutigen bitumenchemischen Nomenklatur unter Wachs und Harz gefaßt erscheint, darf als Liptobiolith pflanzlichen Ursprungs und quietistischer Herkunft gelten.  Wenn es Engler auch gelungen ist, aus frischen und verfaulten Wasserfettpflanzen auch "Fettwachse" herzustellen, so schließt das noch immer nicht den Kataklysmus in der Erdgeschichte aus.  Und im Grunde bekämpfen wir ja auch Potonié vornehmlich nur deshalb, weil er sich über die Katastrophenbedürfnisse der bedächtigeren alten Geologen geradezu lustig macht, da von "Verlegenheitshypothesen" spricht und diese seine Anschauungen auch Engler und Höfer zu suggerieren wußte.

Und nun gar die anderen beiden "Kaustobiolithe!"  Es gibt weder wirkliche "Faulschlammgesteine" ("Sapropelite"), noch ausgesprochene "Humusgesteine" (Mineralkohlen) in einem solchen Maße, daß man dafür eine neue geologische Nomenklatur erfinden müßte; und am allerwenigsten lassen sich die Ölschiefer- und Steinkohlenvorkommen je in diesen Wortsinn zwängen.  Wir sehen vollkommen klar, woher der Grundirrtum dieser Sapropelitengeologie stammt.  Lyell hat den Geologen die Katastrophen ausgeredet, demzufolge müssen die Bitumina autochthon entstanden sein.  Es kann ja in unseren und höheren Breiten zwar fossilen "Faulschlamm" (versteinerten Seeschlick) und fossilen "Humus" (in Potoniéschem Sinne eigentlich versteinerter Torf- und Moorgrund) autochthonen Ursprungs in verschwindenden Quantitäten geben, indem in kataklysmatischen Zeiten wohl mitunter auch ein faulschlammhaltiger, verlandeter Teichgrund oder ein ebensolcher torfhaltiger Moorgrund im vereisten Zustande eingebettet worden sein muß.  Wir glauben aber zugleich bestimmt behaupten zu dürfen, daß an einer Probe solcher "Faulschlamm"- und "Humus"-Gesteine Potonié selbst die von ihm in seinem Buche gestellten Sapropelit- und Kaustobiolith-Bedingungen keineswegs erfüllt sehen würde, während dagegen jener Ölschiefer, den er schon als "Sapropelit" - oder jene Steinkohle, die er schon soweit als "Humusgesteine" gelten lassen möchte, um davon als von einem Kaustobiolithen in seinem Sinne sprechen zu können, in Wahrheit kein Faulschlammgestein bzw. kein Humusgestein in seinem Sinne sein kann, sondern die kataklysmatische Bitumen- bzw. Kohlenentstehungsgeschichte hinter sich haben muß!  Faulschlamm- und Humus-Gesteine gibt es nicht!
Alle geologischen Formationen sind kataklysmatisch aufgebaut; nichts von den heutigen Alluvialbildungen kann jemals festes Gestein geben; also gibt es abgelagerte neptunische Gesteine überhaupt nicht, wie es auch wirkliche Faulschlammgesteine so gut wie gar nicht gibt; am allerwenigsten darf Potonié die Cannelkohlen, Bitumenschiefer und Stinkkalke als Sapropelgesteine in seinem Sinne ansprechen, denn all diese Bitumina sind ebenfalls kataklysmatisch abgelagert worden und höchstens ein Tausendstel oder ein Hunderttausendstel des organogenen Fettstoffes derselben mag vielleicht auf Faulschlamm zurückzuführen sein; vielleicht aber auch nicht einmal das, indem es trotz aller chemischen Experimente doch sehr fraglich bleibt, ob organogenes Material einem Jahrhunderte, ja Jahrtausende langen Fäulnisprozeß, erst im Wasser und dann gelegentlich der Verlandung in seichter Erde, unterworfen werden darf, wenn es abermals Jahrhunderttausende später tief unter der Erde sich noch zur Petroleumdestillation eignen soll - gesetzt: Diese Tiefuntererdesetzung wäre ohne Kataklysmus überhaupt denkbar.
Niemals kann ein solcher Faulschlamm ohne kataklysmatische Frosteinbettung und sofortige tiefe Besedimentierung etwas anderes werden als eben "Boden"; die heutigen Sumpflachen mit ihrer Wasserblüte, ihren Ölalgen, ihren Kleinorganismen, ihrem vorhandenen Faulschlamm, haben somit nur agrikulturelles Zukunftsinteresse und sind von gar keiner zukünftig geologischen Bedeutung; es reichten diese Stoffe auch in viel verhunderttausendfachter Quantität nicht hin, um ein Petroleumvorkommen wie das flüchtig geschilderte südosteuropäische oder südwestasiatische oder das der Nordost- und Mittleren Kontinental-Area Nordamerikas zu erklären, indem hierfür nach unserer Schilderung ganze Weltmeere teilweise "ausgefischt" werden müssen; die Meerestierreste in den bituminösen Ablagerungen oder in deren Nähe können wieder nur die kataklysmatische Sedimentierung beweisen und nicht die altgemeinte Bildung in Meeresküstennähe; es ist auch in keiner Weise verständlich, wie heutige Faulschlammablagerungen (gesetzt sie verhunderttausendfachten sich) ohne katastrophale Vorgänge in schön und breit geschichteter, eventuell geschieferter Form in die Tiefe der Erde unter hohem Druck und zur Destillation gelangen sollten; schon die vielfachen Bemühungen älterer Geologen, katastrophale Hypothesen zu ersinnen, um die bloß äußere Form der Schichtung und Faltung so manchen Gebirgsprofils zu erklären und um so manches andere quietistisch niemals Erklärbare dennoch denkbar zu gestalten, verpflichteten eigentlich auch Potonié zu einer mehr umfassenden geologischen Erd- und kosmologischen Weltanschauung (anschauen, buchstäblich zu verstehen), anstatt einer so einseitigen Vertiefung in die vorgefaßte Idee der Urwaldmoore und Sapropelsümpfe.

Bezüglich der fünf Bitumenphasen I, IIa, IIb, III und IV (und dem daraus folgenden) in Englers Bitumenschema müssen wir den etwa wärmer interessierten Leser auf die zugehörige Originalarbeit verweisen.  Denn obwohl Engler beispielsweise unter Anabitumen das noch im Werden begriffene Bitumen versteht und dazu u.a. auch "Sapropelwachs" und "Seeschlickbitumen" zählt, wollen wir dagegen hier noch keine dringendere spezielle Vorstellung erheben, solange er nicht in den oberen Zeilen des Schemas die zu erwartenden, mehr prinzipiellen Modifikationen vorzunehmen für gut findet.  Und da möchten wir noch fragen, ob denn Engler irgendeinen anderen (sachlichen) Grund dafür gehabt hat, die tierischen und pflanzlichen Reststoffe erst einer Fäulnis und Verwesung zu unterziehen, bevor er die unverwesbaren Reste zur Druckdestillation bringt, wenn es nicht die bloße pietätvolle Rücksichtnahme auf Potoniés Faulschlammhypothese gewesen sein soll.
Wir glauben aber dem diesbezüglich immerhin noch sehr unsicheren Erdölchemiker ja gerade damit den größten Mitarbeiterdienst zu erweisen, daß wir durch unsere kosmogonischen eiszeit-vergeschwisterten Mondannäherungen und Auflösungen eine sofort hermetische und vorerst absolut fäulnissichere Einbettung von vornehmlich ganz frischen, also meist lebend frostbegrabenen Meeresorganismen denkbar gestalten.  Ohne Kataklysmus sieht der Erdölchemiker sich natürlich genötigt, aus der Not eine Tugend zu machen und die Fäulnis und Verwesung der tierischen und pflanzlichen Reststoffe in sein Bitumenschema aufzunehmen, weil ohne eiszeitgepaartem Kataklysmus diese Zersetzungsprozesse unter Luft- und Wasserzutritt eben unvermeidlich sind.  Aber ebenso notgedrungen müßte sich der Chemiker die einmal begonnene Verwesung wegen der praktisch unbegrenzten Länge der Verwesungszeit doch auch so weit fortgesetzt denken, daß nicht nur von den Eiweiß- und Zellstoffen, sondern auch von den Fettdauerstoffen schließlich nichts anderes mehr übrig bleibt, als zur Erdöldestillation ganz unbrauchbarer Moder, wie ja dies die paläontologischen Tierfunde auch beweisen.
Durch experimentelle Destillation größerer Mengen von frischen Fisch- und Muschelleichen erhielt Engler petroleum-ähnliche Destillate, welche sich vom Rohöl nur vornehmlich dadurch unterscheiden, "daß sie stets große Mengen von Stickstoff in Form von Pyridin- und Aminbasen enthalten, während die natürlichen Rohöle stickstoffarm bis stickstoffrei sind.  Des weiteren haben ihm Untersuchungen von lange Zeit verscharrt gewesenen Leichen, ferner von Leichenwachs und Tiefseeschlamm ergeben, daß die in der Leiche enthaltenen Stickstoffverbindungen (Muskelsubstanz usw.) sehr rasch durch Fäulnis zersetzt werden, während das Fett als sehr beständig zurückbleibt.  Aus diesen Beobachtungstatsachen erklärt nun Engler das relative Fehlen von Stickstoff im Rohöl folgendermaßen: In den Kadavern, die später Erdöl liefern, tritt zunächst eine Zersetzung (Fäulnis) der stickstoffhaltigen Substanzen ein.  Stickstoff entweicht als solcher oder als Ammoniak oder als noch kompliziertere Verbindung, und nur Spuren davon bleiben zurück.  Aus den Fettkörpern allein bildet sich das Erdöl."
Dieses relative Fehlen des Stickstoffes im natürlichen Erdöl ist vielleicht der einzige sachliche Grund, der Engler dazu bestimmt haben mochte, der Fäulnis und Verwesung der tierischen und pflanzlichen Reststoffe eine so ausgesprochene Mitwirkung in seinem chemischen Rohölschema einzuräumen und auch der Faulschlammhypothese eine Rolle bei der Erdölbildung zuzuerkennen.  Wir sagen ausdrücklich "quietistisch", weil wir dem Tiefseeschlamme eben nur ohne Kataklysmus jede Möglichkeit der Gesteinsbildung absprechen, nicht aber in unserem großen Mondannäherungs- und Auflösungsvorgange.  Ganz allgemein ist zu bemerken, daß im heute beobachtbaren alluvialen Kleingeschehen bzw. geologischen Nichtsgeschehen aus dem, notwendig auch einen hohen Prozentsatz von Kleinorganismen und deren Leichen enthaltenden kalkigen Tiefseeschlamm in allen historischen Ewigkeiten kein Kalkstein entstehen kann, sondern alles immer nur Schlamm bleiben müßte.  Denn nur dann, wenn in den heftigen Meeresoszillationen der stationärnahen, eisigen Zeiten dieser mit Plankton- und sonstigen Kleintierleichen geschwängerte Tiefseeschlamm aufgewühlt und im Wege der Horizontalsorientierung über die Kontinente versedimentiert, verschichtet und belastet wird, entstehen daraus nachher die erhärteten Kalksteinbänke.  Diese werden notwendig dort, wo die Horizontalsortierung größere Prozentsätze von Kleintierleichen und deren Fettresten mit dem Kalkschlamm ablagert und täglich zur vorläufig fäulnissicheren Frosterhärtung bringt und bald auch weiter hoch hinauf belastet, die bituminöse Kreide, den Bitumenkalk, Stinkkalk u. dgl., also ein Kalkmuttergestein für Petroleum abgeben.  Gelegentlich solcher Horizontalsortierung werden beispielsweise auch die Muschelschalen nicht nur nach Größenklassen, sondern zum Teil auch nach leeren und vollen, letztere sogar nach lebendigen und toten Muschelkörpern sortiert.  Daher gibt es auch bitumenfreie und bitumenreiche fossile Muschelbänke, also letztere auch als ergiebiges Muttergestein des Erdöls.  Ob aber hier die tierischen Reste vor der natürlichen Druckdestillation eine Fäulnis durchmachen oder nicht, dürfte in bezug auf den Stickstoffgehalt des späteren Erdöls ziemlich gleichgültig sein.
Bei der riesigen Zeitdauer der nachher unter Luftabschluß und mäßiger Druckwärme einsetzenden natürlichen Destillation kann der Stickstoff vielfach Gelegenheit finden, ihm genehmere Verbindungen einzugehen und zu entweichen, als sich dem Erdöl chemisch einzugliedern.  Schließlich ist bei dem notwendigen Vorhandensein von Salzwasser und Fehlen von Luft eine Fäulnis ebensowohl erschwert als irgendeine ähnliche Zersetzung vielleicht sogar erleichtert, bei welcher dem Stickstoffe abermals verschiedene Abgangsmöglichkeiten geboten sein können.  Die primitivsten chemischen Erfahrungen genügen schon, um solche Möglichkeiten einzusehen.  Das will besagen: Das relative Fehlen des Stickstoffes im Rohöl ist kein Beweis dafür, daß die Urmaterialien des Erdöls quietistischen Fäulnisprozessen im großen unterworfen sein mußten, wie wir solche jetzt, in der alluvialen Natur, im kleinen beobachten können, bzw. wie sie Potonié für den Faulschlamm voraussetzen mußte.  Oder kürzer zusammenfassend: Dieses Fehlen des Stickstoffes gibt kein wirksames Argument gegen die von uns behaupteten großen, geologischen, eiszeitgepaarten Kataklysmen der Tertiär-, Sekundär- und Primärzeit usw.

Höfer vertritt in seinem Buche (Erdöl u. s. V.) auch die Anschauung, "daß das Bitumen und speziell das Erdöl in primären Lagerstätten auftritt", d. h. also dort gebildet wurde, wo wir es heute finden.  Diese Anschauung müssen wir dringendst einer Neuerwägung empfehlen.  Wir sind wirklich auch der Meinung, "daß in der Destillations-Retorte - im Entstehungsherd - keine Ölanhäufung stattfinden kann, sondern nur in der abgekühlten Vorlage, nämlich in den aus den unter Druckwärme gesetzten Massengräbern emporführenden Spalten und daranschließenden porösen Gesteinsschichten".  Gans besonders gilt dies für die unterirdischen Öllager, aus welchen unsere Ölspringer und Ölbrunnen gespeist werden.  Näheres hierüber würde hier zu weit führen, doch wird jeder kataklysmusgläubige Leser dieses Gefühl teilen.  Nur der Destillationsrückstand, gleichsam der Koks aller natürlichen Destillation, verbleibt an ursprünglicher Lagerstätte - die Destillationsprodukte, ob nun pechartige, flüssige oder gar gasige, verlassen notwendig die Retorte, getrieben teils durch den Gesteinsschwerdruck, teils durch den so zu nennenden Destillationsdampfdruck, auch durch hydrostatischen Druck und Kapillarwirkung, bei Gasen auch durch den Auftrieb im porösen wasserdurchtränkten Gestein.  Ganz bestimmt an senkundär und oft auch tertiärer Lagerstätte befinden sich die in den Antiklinaldomen und Sätteln angesammelten Öle und Gase.  Der hierfür in der Ölgeologie bereits eingeführte Begriff der regionalen und lateralen Migration (Wanderung aufwärts und seitwärts) wird also viel weiter zu fassen sein, als Höfer es zuzugeben geneigt war.  Der Kataklysmus schließt die primären Öl- und Gaslagerstätten förmlich aus.  Auch die Versuche Höfers, sich aus dem heute beobachtbaren geologischen Kleingeschehen heraus kleine Kataströphchen  zu konstruieren, die zur Anhäufung der Bitumenmaterialien führen könnten, werden sich als unnötig erweisen, wenn der unserseits so bequem durchsichtig gemachte Große Kataklysmus einmal auch wirklich durchschaut sein wird.

Hanns Hörbiger


(Quelle: "Schlüssel zum Weltgeschehen", Heft 7 S.225-232 und Heft 8 S.268-275, Jhrg. 1927, R. Voigtländers Verlag - Leipzig)



1) Bitumen (lat.) ist die Bezeichnung für bestimmte in der Erde vorkommende brennbare Produkte, hauptsächlich Kohlenwasserstoffe von z. T. teerartigem Geruch, wie Erdöl, Erdwachs, Erdgas usw.

2) H. Höfer: "Das Erdöl und seine Verwandten". (I/1888, II/1906, III/1912).
C. Engler: "Die neueren Ansichten über die Entstehung des Erdöls" und "Die Bildung der Hauptbestandteile des Erdöls".  Aus: "Petroleum". (1907.)
C. Engler und H. Höfer: "Das Erdöl, seine Physik, Chemie, Geologie, Technologie und Wirtschaftsbetrieb."  Fünf Bände (1909).
H. Höfer: "Die Geologie, Gewinnung und Transport des Erdöls."  Band II von: "Das Erdöl usw." (1909.)

3) Potonié: "Die Entstehung der Steinkohle und der Kaustobiolithe überhaupt (wie des Torfs, der Braunkohle, des Petroleums usw)." (1910.)