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Der
Tertiärmond als
kosmischer Baumeister |
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Zu den
wichtigsten Abschnitten der tertiären Mondeszeit
gehört das stationäre
Stadium, also die Periode, in welcher der planetare Trabant nur
etwa sechs (bis sieben) Erdradien von der Erdoberfläche entfernt
kreiste, die Erdrotation eingeholt hatte und für längere Zeit
über demselben Meridian stillzustehen schien. Da die Achse
der rotierenden Erde zu damaliger Zeit noch etwa 16 bis 17 Grad von der
Senkrechten abwich, auch die Mondbahn gegen die Ekliptik unseres
Planeten ungefähr 3 bis 5 Grad geneigt war (Abb. 1), befand sich
der über Abessinien verankerte kosmische Begleiter nicht in
vollkommener Ruhe, sondern pendelte, vom Äquator gesehen,
täglich einmal nach Norden und einmal nach Süden und hatte
durch die infolge seiner großen Erdnähe gewaltig gewachsenen
Kräfte Gelegenheit, die planetare Achse (von 16 oder 17 Grad) bis
auf 8 (7,5) Grad gegen die Senkrechte aufzurichten (1).
(Bild- und Textquelle: "Schlüssel zum
Weltgeschehen", Heft 7, S. 206, Jahrg. 1929, R. Voigtländers
Verlag-Leipzig)
Abb. 1.
Darstellung einer
größten und kleinsten Südpendelung des
Tertiärmondes am Anfang der stationären Zeit. Der
nördliche Pendelausschlag ist nach halber Erddrehung (links von
der Erde) entsprechend zu denken. a-b Ebene der Erdbahn, c-d
Äquatorebene, e-f Erdachse, Neigung der Erdachse ca. 16
Grad. Vielleicht betrug sie noch etwas mehr. i Standpunkt
des fiktiven Beobachters auf dem Äquator in der Ebene der
Mondpendelung, g-h Horizontebene des Beobachters, k-l, m-n Wendekreise,
o-p, q-r Polarkreise. Entfernung Mond-Erdmittelpunkt etwa 7
Erdradien. Die Neigung der tertiären Mondbahn (zur
Stationärzeit) ist mit 5 Grad angenommen, wahrscheinlich war sie
damals schon etwas geringer; s-t größter (21 Grad), u-v
kleinster (11 Grad) Pendelausschlag. Am Schluß des
eintägigen Monats hatte sich die Erdachse bis mindestens 8 Grad
aufgerichtet und die Mondbahn sich wahrscheinlich auf 1 bis 2 Grad
Erdekliptik angeglichen.
Viel stärker als die Masse
der Erde war jedoch ihre
verhältnismäßig dünne Kruste den gigantischen
Wirkungen der täglichen lunaren Pendelbewegung preisgegeben.
Jedesmal, wenn der kosmische Riese von Norden nach Süden sich
wendete, versuchte er die auf dem heißen Magma schwimmende fest
planetare Hülle zusammenzuraffen und mit sich zu
reißen. Infolgedessen entstanden mächtige
Gebirgswälle mit nordwärts geöffnetem Bogen, da
naturgemäß die lunare Wirkung im Zentrum am stärksten
war und dort die Faltensysteme am weitesten nach Süden zu zerren
vermochte.
Während der stationären Epoche war es jedoch dem Vorgänger unseres (heutigen) Mondes nicht nur gelungen, die Erdachse um ungefähr acht bis neun Grad aufzurichten, sondern auch den auf dem magmatischen "Eispitz" lagernden abessinischen Gebirgsblock um etwa 20 Längengrade nach Osten zu verschieben. Aus diesen Gründen müssen die Gebirgsbögen, die am Anfang der Stationärzeit entstanden, nicht nur weiter westlich, sondern auch weiter nördlich als diejenigen tertiären Faltensysteme liegen, die am Schluß dieser Epoche geschaffen wurden. Die Untersuchung des europäisch-asiatischen Hochgebirgszuges bringt nun die für die Welteislehre außerordentlich wichtige Feststellung, daß das in der Tat der Fall ist. (Bild- und Textquelle: "Schlüssel zum
Weltgeschehen", Heft 7, S. 207, Jahrg. 1929, R. Voigtländers
Verlag-Leipzig)
Abb.
2. Die Entstehung der europäisch-vorderasiatischen
Faltengebirge, Abessiniens und der Großen Grabenbrüche
während des stationären (bzw. nachstationären) Stadiums
des Tertiärmondes. Die Pfeilrichtungen geben die Stellungen
des verankerten Mondes zur Zeit der Auffaltung des betreffenden
Gebirges an: a Alpen / Karpaten-, b Siebenbürger-, c Balkan-, d
Byzantinischer-, e Pontischer-, f Taurischer, (g Kaspischer-) h
Atlas-Bogen. k-l Zielrichtung der tyrrhenischen, m-n der
ägäischen Schleppe. Schraffierte Linien = unterseeische
Bruchkanten (nach Gerbing, Erdbild der Gegenwart). Stark
punktierte Linie = vermutlich Verlauf des Großen Westgrabens nach
Losriß der Luna vom letzten pseudovorstationären
Ankergrund. Die Pfeile durch den Golf von Aden und südlich
des Tasili-Tümmo-Tarso-Gebirges geben den wahrscheinlichen Weg des
sich losreißenden Mondes vom stationären bzw.
vorstationären Stadium an.
Wenden wir uns nunmehr der
Herausbildung der Gebirgswälle im
einzelnen zu. (Abb. 2.) - Als erster wurde zu Beginn der
stationären Zeit, als also der Mondriese etwa über dem
(heutigen) 12. Grad ö. L. auf- und niederschwang, der
mächtige alpine Bogen emporgefaltet, dessen Flanken (abgesehen von
späteren Umformungen) in noch erkennbarer Weise nach Norden
zurückgreifen. Da jedoch der Tertiärmond am Anfang der
abessinischen Zeit in seiner Ekliptik wahrscheinlich noch ein paar
Grade von der Erdbahn abwich, erhielt er bald nördliche, bald
südliche Deklination. Ging er beispielsweise in die Stellung
südlich des Äquators, so vermochte er zwar nicht mehr so weit
nach Norden zu wirken, suchte aber dafür den Alpenwall bzw. dessen südliches
Vorland entsprechend weit äquatorwärts zu reißen.
Dieser erneuten Belastung war die Zugfestigkeit der Erdrinde nicht mehr
gewachsen, das südliche Vorland gab nach, ward mit Teilen der
anschließenden Gebirgsfalten losgerissen und sank als gewaltiger
Schollenbruch in die Tiefe. (Heutige Lombardische
Tiefebene). Dadurch wurden die Alpen erneut und zwar von
Süden aufgepreßt und gleichzeitig gegen das nördliche
Vorland gedrängt, das infolgedessen als natürliches
Widerlager in einer schrägen Ebene gegen den Alpenwall ansteigt.
Die Entwicklung, die wir beim
Alpenbogen beobachten können, kehrt
grundsätzlich (oft aber durch die folgenden Ereignisse mannigfach
umgestaltet!) bei allen östlich daran schließenden
Gebirgsbauten wieder. Lediglich der Nordkarpatenwall mit seinen noch
weiter nach Norden streichenden Faltenwürfen scheint eine Ausnahme
zu machen. Die Bildung dieses Gebirges ist jedenfalls unmittelbar
im Anschluß an die Alpen erfolgt, so daß wir es als
Fortsetzung dieses Bogens ansehen können. Wahrscheinlich
hatte der jetzt schon unmerklich nach Osten vorrückende
(tertiäre) Mond zu der betreffenden Zeit nördliche
Deklination. Die Folge war, daß er entsprechend seiner
weiter polwärts reichenden Zugkräfte den nördlichsten
Teil der Karpaten etwas weiter als die Alpen hinauszubauen vermochte.
Nach der Emporfaltung der
Nordkarpaten setzt nicht nur das
verstärkte Vordringen des Mondes nach Osten ein, sondern auch eine
durch die Aufrichtung der Erdachse immer merklicher werdende
Schrumpfung der lunaren Pendelschwingungen. Infolgedessen wurde
die östliche Flanke der Nordkarpaten kontinuierlich nach
Südosten herabgebogen; gleichzeitig damit brach das südliche
Vorland samt den südlichen Gebirgsketten
der Beskiden in die Tiefe, da es nicht nur infolge
veränderter Deklination, sondern auch von den immer weiter
tropenwärts zurückweichenden Zugkräften der Luna vom
nordkarpatischen Hauptzug abgerissen werden mußte.
Möglicherweise entstand, um ein paar Beispiele zu nennen, um die
Wende dieser Zeit auch der Niederbruch des Grazer und Wiener Beckens.
Das Absinken der ungarischen Tiefebene war kaum vollendet, als sich bereits ein neuer Bogen, und zwar der Siebenbürgener herausbildete, dessen Form jedoch infolge gleich darauf einsetzender Umbiegung nicht recht in Erscheinung zu treten vermochte. Beim weiteren Vordringen der Luna nach Osten und entsprechender Schwingungsabnahme ward nämlich die westliche Flanke des Siebenbürger Walles scharf nach Osten umgelenkt und unmittelbar darauf das prachtvolle Balkangebirge aufgerichtet, dessen östliche Ausläufer anscheinend bis zur Halbinsel Krim zu verfolgen sind. Diese in ganz großen
Zügen geschilderte Entwicklung
können wir zunächst bis zum Losriß des Trabanten vom
abessinischen Hochland sinngemäß weiter verfolgen. Im
allgemeinen stellt sich diese folgendermaßen dar: An den
Balkanbogen schließt sich das Byzantinische, das Pontische und
dann das Taurische Gebirge. Wahrscheinlich gehört in die
letzte Zeit des verankerten Mondriesen auch die Aufwulstung des
Kaspischen Bogens (Elbrusgebirge), da nicht nur dessen Segment auf das
Hochgebirge von Habesch verweist, sondern auch seine äquatoriale
Entfernung den unmittelbaren Anschluß an den letzten
kleinasiatischen Gebirgswall verlangt. Auf südliche
Deklinationsstellungen der tertiären Luna geht jedenfalls auch der
Abbruch gewaltiger Schollen zurück, die ebenfalls in die Tiefe
glitten, zum Teil vom Meere bedeckt wurden und nun als Wallachei,
Schwarzes und Kaspisches Meer nebst dem östlichen Teil des
Mittelmeeres an jene urgewaltigen, stationär-lunar bedingten
Katastrophen erinnern. Beim Schwarzen und Kaspischen Meer sanken
jedoch die Schollen nicht südlich, sondern nördlich der
betreffenden Gebirgswälle ab, da es hier wahrscheinlich dem Monde
gelungen war, das gesamte Faltensystem nach Süden zu schleppen.
Diese Entwicklung dokumentiert also ein zweifaches: das mehr oder weniger gleichmäßige Vordrängen des über Abessinien stationären Trabanten und die in dieser Zeit regelmäßig fortschreitende Schrumpfung der lunaren Pendelausschläge bzw. die stete Aufrichtung der Erdachse. Auch an diesen Gebirgsbauten vermögen wir somit letztere sehr wohl festzustellen. Setzen wir die durchschnittliche Lage des Alpenwalles mit 46½ Grad, des Taurischen Zuges 37½ Grad fest, dann sehen wir, daß hieraus eine Abnahme der Pendelschwingungen von rund neun Grad gefolgert werden kann. Es ist dies um so bemerkenswerter, als dieser Betrag der Größe gleichkommt, die wir bereits aus der Gestalt des Abessinischen Hochgebirges und der Zugrichtung des Tasili-Tümmo-Tarso-Gebirges erschlossen hatten. Damit gibt uns auch der tertiäre europäisch-vorderasiatische Gebirgsbau die Gewähr, daß am Ende des eintägigen Monats die Erdachse nur noch etwa acht (7½) Grad von der Senkrechten auswich. Während die eben
besprochenen Gebirgsbögen im allgemeinen nördlich vom
jeweiligen Standort des kosmischen Bauherrn emporgefaltet wurden,
weisen die Tyrrhenische und Ägäische Schleppe auf eine
etwas andere Form ihrer Entstehung hin. In diesen tektonischen
Bauten erkennen wir vor allem die ungeheure, nach rückwärts
gerichtete Zerrwirkung des vorschreitenden Mondriesen. Denn (wie
die Karte lehrt) deutet die Zugrichtung beider Gebirgsschleppen auf die
heutige Lage von Abessinien mithin auf die letzte Zeit des
eintägigen Monats. Durch die Zusammenraffung der
Tyrrhenischen Schleppe sank nicht nur das von dieser umschlossene
gleichnamige Meer ein, sondern auch der westliche Alpenflügel
ward, wie anfangs angedeutet, größtenteils nach
Südosten umgebogen. Ähnlich müssen wir die Wirkung
der ägäischen Schleppe beurteilen. Sie faßte
besonders den südlichen Teil der östlichen Alpenflügel,
zerstörte bzw. formte ältere tektonische Bauten um und
führte durch die an ihrem "Kopf" auftretenden Bruchränder
eine teilweise Zertrümmerung der Ägäis nebst
anschließenden Gebieten des heutigen Kleinasiens herbei, ein
Prozeß, der durch die Ereignisse beim Mondniederbruch noch weiter
fortgesetzt wurde.
(Bild- und Textquelle: "Schlüssel zum
Weltgeschehen", Heft 7, S. 210, Jahrg. 1929, R. Voigtländers
Verlag-Leipzig)
Abb. 3. Die Herausbildung des Turanischen- (Pfeilrichtung a) und des Himalaya- (Pfeilrichtung b) Walles. Über die weiteren tektonischen Formationen, die auf dieser Karte dargestellt sind, vgl. den Schlußabschnitt dieses Aufsatzes. Die
Auffaltung regelmäßiger Gebirgsbögen können
wir nach dem Losriß des (tertiären) Mondes vom
stationären Ankergrund noch weiter beobachten. (Abb. 3.)
Nach ihrem Freiwerden hatte die Luna ihre Pendelschritte über dem
65. Grad östlicher Länge bereits wieder so verlangsamt, das
sie nur noch unmerklich vorzudringen vermochte. Die Wirkung
zeigte sich in der Entstehung des Turanischen Walles. Er war aber
zu schwach, den Trabanten länger zu fesseln, deshalb gelang es
ihm, bald wieder mit etwas größeren Schritten vorwärts
zu kommen, um sie bald darauf zum zweitenmal, und zwar auf das
Stärkste, zu hemmen. Mit seinen immer mehr anwachsenden
Gigantenkräften hatte er somit ausreichend Zeit, den ungeheuren
Himalayabogen zusammenzuraffen, dessen östliche Ausläufer
jedoch unmittelbar darauf durch das nächste bzw. erste
pseudostationäre Stadium der Luna zerstört oder umgebildet
wurden (2).
Sowohl der Turanische wie der Himalaya-Wall deuten in ihrer fast
unmerklichen Annäherung zum tertiären Äquator an,
daß nach dem Lösen vom Hochland von Habesch wieder eine
schwache Aufrichtung der Erdachse stattgefunden hatte.
Ähnlich wie bei den Alpen (nur in viel größerem Maße) ward infolge südlicher Deklination des Mondriesen das südliche Vorland des Himalaya abgerissen und glitt mehrere Tausend Meter in die Tiefe. Ungeheuer stark wirkte der Druck der absinkenden Schollen nach Norden. Das polwärts zurückgedrängte indische Hochgebirge legte nicht nur das Hinterland bis zu den Sibirischen Randgebirgen in zahlreiche Falten (Kuen-Lun), sondern hob es auch stark aus seiner Umgebung heraus und schuf damit das zentralasiatische Plateau als gewaltiges Hochland der Erde. Die durch das Vorschreiten des "Eirundes" am Ende der stationären Zeit erfolgten Randbrüche hatten die rückwärtigen Gebiete ebenfalls emporgepreßt und das zentralasiatische Gebirgsmassiv schon früher nach dieser Richtung abgeschlossen (vgl. Abb. 3.). Über die tektonischen
Wirkungen weiterer Ankergründe der tertiären Luna, die
Entstehung des Hochlandes von Iran und der mit dem Alpensystem nicht
unmittelbar zusammenhängenden Atlasfaltung ist ein weiterer
Aufsatz als entsprechender Deutungsversuch vorgesehen.
Georg Hinzpeter (Quelle: Monatszeitschrift "Schlüssel zum Weltgeschehen", Heft 7, S. 205-211, Jahrg. 1929, R. Voigtländers Verlag-Leipzig) |
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Anmerkung: (1)
Über die Entstehung des Abessinischen Hochgebirges, die Lage
des tertiären Äquators, die Aufrichtung der Erdachse sowie
die um die Wende des eintägigen Monats entstandenen Graben- und
Flankenbrüche vgl. den Aufsatz des Verfassers "Das Zeugnis des
Abessinischen Hochgebirges" im "Schlüssel zum Weltgeschehen"
Jahrgang 1928, Heft 12.
(2) Auch dieses wirkte natürlich auf die starke Verlangsamung des vorschreitenden Mondes ein und ist mit als Ursache der Entstehung des Himalaya anzusehen. |